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Sonntag, 15. April 2012

Seelentraum

Das hier ist ein Seelentraum, ich lauf benommen in einen Raum voller Fremder, flieg in Gedanken mit gespreizten Armen über ferne Länder,
meine Augen sind so offen wie die einer Krähe, und das was ich erspähe
sind Menschen, die sich gegenseitig täuschen, die stehlen und schlagen,
die erst schießen und dann fragen.
Aber zu verzagen ist keine Option für mich-nicht mehr,
wenn nach dem Kopfkino der Vorhang fällt, ist der Saal schlagartig leer.
Meine Flügel tragen mich weiter nach Phantasien,
wo Mondenkind im Sterben lag
und meine eigene Fantasie ihr Gesicht vor mir verbarg.

Es war an dem Tag, als meine Hoffnung starb
und allein und blass in einem kleinen Glassarg lag.
Das war der Moment, den jeder von uns als den Moment der Wahrheit kennt.
Seit diesem Tag verwandle ich alles, was mir begegnet in Bilder.
Das macht es mir leichter, die Dinge zu erfassen und mich nicht von der Welt verrücktmachen zu lassen.

Das ist nicht nur ein Seelentraum, das ist auch eine kosmische Reise in die tiefsten Winkel meines Unterbewusstseins und ich besuch die Sterne.
Man sagt in der Ferne liegt das Glück, ich prüf in dieser Nacht, ob‘ s  stimmt,
und muss erfahren, dass sich auch hier die Zeit ein Stückchen  meines Lebens nimmt. Jetzt scheint nichts mehr unmöglich, kann sogar bis in die Zukunft schauen,  und was ich sehe sind intelligente Maschinen, längst ausgestorben sind die Pflanzen und die Bienen.
Wir selbst konstruieren die künstliche Intelligenz, die uns dann regieren wird.

Und Sie tut es, wie wir ihr einst befohlen, mit harter Hand und kalter Strenge,
jetzt schon leben wir in einer Welt voller Zwänge und geistiger Enge,
aus der nur wenige sich zu befreien wagen.
Gestern noch, da lagen wir zwei unter diesem Sternenzelt
und unter uns die ganze Welt.
Wir fragten uns, was das Morgen uns wohl bringen mag,
da ahnten wir noch nicht, das er niemals kam…der nächste Tag.

Weiter geht die Reise durch den Regen und ich muss immer noch flüchten,
vor denen, die mich bespitzeln und mich stets beschatten.
Beinah hatten sie mich - doch im letzten Moment bin ich entronnen-
kann mich heute kaum daran erinnern, sehe es bestenfalls verschwommen.
Ich lief durch einen Blätterwald, ich hatte Angst und mir war kalt,
da sah ich den ersten von ihnen. Sie waren nicht menschlich, das war mir gleich klar, denn ich war einer der letzten Menschen auf diesem Planeten.

Ich sah, wie ihre Mäntel und ihre Kapuzen im Wind wehten,
mein Atem ging schneller, Sie waren schon nah.
Weder flogen noch liefen sie,
eher schienen Sie zu schweben.
Soweit ich es erkennen konnte, waren es sieben oder acht, ich wusste,
ich musste mich beeilen, es wurde bald dunkel und somit schnell Nacht.

Während ich durch den immer dichter werdenden Wald rannte und meine Gedanken mit mir flogen, blickte ich mit einem Mal zum Himmel. Dort oben sah ich Wolken, die von Westen her zogen und sich rasch entleeren sollten.
Direkt neben meinen Schmerzen, in meinem gehetzten Herzen, flammte plötzlich Hoffnung auf. Würde das Wasser meine Spuren verwischen, wie das Meer den Sand am Strand, so hätte ich eine Chance, ein weiteres Mal meinem Ende zu entfliehen, es noch hinauszuzögern.

Vielleicht würden sie von mir ablassen und kehrtmachen und alles was sie
von mir noch vernehmen würden, wäre mein erleichtertes Lachen in der Ferne.
Welches sie natürlich nicht als solches deuten könnten, dazu sind sie nicht in der Lage,
waren sie noch nie, keine Frage.

Denn eine Maschine wird mich nie verstehen, selbst mit Chip für Emotionen,
denn wo beim Mensch das Herz, wird bei ihnen immer bloß ein Schaltkreis wohnen.

Während ich durch Welten reise und alles aus neuen Perspektiven betrachte,
frage ich mich, ob mich jemand Fremdes hierher brachte, oder ob ich mich selbst auf diese Reise machte.

Fragen über Fragen überfluten mich wie Wellen, und ich entdecke am Horizont
ein Licht, das sich schwach im Dunkel bricht. Und augenblicklich höre ich eine Stimme, die leise aus der Ferne zu mir spricht:

Jedem Willkommen wohnt der Abschied schon inne, und alles was dir bleibt
ist die Erinnerung und der Klang ihrer Stimme.
Du weißt nicht, wann der Abschied kommt, doch auch wenn du es wüsstest,
wärst du nicht bereit. Dein Blick geht zum Himmel, der Schnee fällt leise,
und du fühlst dich alt- doch kein bisschen weise. Diese Lebensreise ist kein Sprint sondern Langstrecke und an jeder Ecke stehen Schilder mit unbekannten Zeichen und unterwegs triffst du auf lebende Leichen.
Schau sie nicht an, sonst wirst du einer von ihnen, bleib lieber auf deinen Wegen, auch wenn da Steine liegen und das Fliegen Traum bleibt und dein
Leben düstere Novellen für dich schreibt.

Kein Mensch kann  dir sagen, wie das hier ausgeht, nicht mal Wahrsager.
Das Leben belohnt die Frager, nicht die Grübler.
Zeit ist kein Ticken deiner Uhr, Zeit ist der Zug, der grad an dir vorüberfuhr.
Den Himmel interessiert es nicht, ob’s dir gut geht oder nicht,
er zaubert bloß Licht auf dein Gesicht-und ist das denn nichts wert?

Vielleicht nein, vielleicht ja, am Ende des Tages stehst du am Rande der
Dämmerung und lächelst für dich selbst, weil du weißt, dass es Zeit wird,
dass du dich dem Außen stellst.
Und auch wenn du jetzt fällst, ist es halb so schlimm, denn alles was ab jetzt
geschieht, ergibt endlich wieder Sinn. Und du beginnst einen Fuß vor den anderen zu setzen und machst so Stück für Stück die Meter.

Und was vormals so beschwerlich schien fühlt sich jetzt leicht an –
wie Felder im Wind. Im nächsten Moment bist du wieder das Kind, das lacht
und Mama Frühstück ans Bett bringt.

Metamorphosen verwandeln in Sekunden Leben in Tod und Tod in Leben
und du verstehst rein gar nichts von alldem.
Nicht, weil du dumm bist, sondern weil du es nicht musst.   
                     
Mit diesen Worten lässt mich die Stimme fragend zurück und ignoriert
mein Bitten, mir mehr zu erzählen.
Nach einer Weile quälender Stille gebe ich nach und mir wird bewusst,
das hier ist meine Reise, mein Traum, ich habe die Wahl.
Entweder verharre ich weiter im kosmischen Limbo  und zerfalle irgendwann zu Sternenstaub oder ich mache mich auf den Weg zu neuen Ufern und Bildern, vorbei an Schildern die mir die Richtung anzeigen. Da wo ich hingehe,
da gibt es kein Reden mehr, nur noch Schweigen und Machen und wenn alles
gut läuft, am Schluss ein stilles Lachen.

„Aufwachen, wach auf, Boris! Raus aus dem Bett, es wird Zeit!“

-„Ja, schon gut, ich mach ja!“

Ich schlurfe verschlafen in die Küche, wo meine Freundin am Küchentisch sitzt und Kaffee trinkt,
mich ansieht und fragt:

 „Wo warst du denn so lange?“


Und ich antworte: „ Wenn du wüsstest…“


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